Der Kirchplatz ist ein Überrest der sakralen Bauten und Einrichtungen, die im Mittelalter rund um die Stiftskirche entstanden. Der Platz selbst ist Teil des ‚Alten Kirchhofs‘, des alten St. Goarer Friedhofs. Dieser war wesentlich größer als der heutige Kirchplatz und erstreckte sich von hier bis unmittelbar an die Kirche. Der östlich des Kirchplatzes verlaufende Wocherbach durchfloss den Kirchhof in einem offenen Graben und war von einer kleinen Brücke überspannt.

Auf dem Gelände des Kirchhofs stand nahezu 1000 Jahre lang eine Kirche, das Oratorium der Heiligen Maria. Sie wurde lange vor der Stiftskirche errichtet, als die von Goar errichtete Kapelle für die zahlreichen Pilger, die zu seinem Grab wallfahrteten, zu klein geworden war. Nachdem in diesem Gotteshaus wegen seiner Baufälligkeit keine Gottesdienste mehr abgehalten werden konnten, wurde es im Jahr 1772 abgerissen.

Der Alte Kirchhof wurde in wesentlichen Teilen bereits 1759 zur Bebauung freigegeben. An seiner Süd- und Westseite siedelten sich Lohgerbereien an, die bis ins 20. Jahrhundert bestanden. Hier wurde Leder gegerbt, das wegen seiner guten Qualität sehr geschätzt war und weithin exportiert wurde.

Vom Kirchplatz führt die Gerstengasse zur Heerstraße. Sie verdankt ihren Namen dem heute als Wohnhaus genutzten ehemaligen „Gasthaus zur Gerste“ am Nordrand des Kirchplatzes. Bis ins 19. Jahrhundert hieß die Gerstengasse „Münzgasse“, denn neben dem ehemaligen Wirtshaus stand die St. Goarer Münze. Die eigene St. Goarer Währung, die hier geprägt wurde, existierte vom 13. Jahrhundert bis zum 30-jährigen Krieg.