Vieh, Eichenwälder und Wasser waren über Jahrhunderte hinweg die Voraussetzung für eine erfolgreiche Lederindustrie, welche die Stadt St. Goar bestens erfüllte. Das Vieh weidete auf den Wiesen am Rhein und in den Seitentälern, die Eichenwälder reichten am steilen Rheinhang bis unmittelbar an die Stadtgrenzen heran und Wasser floss der Stadt über verschiedene Seitenbäche zu. Mehrere Jahrhunderte bildeten daher Lohgerbereien eine der Haupterwerbsquellen der Stadt. Die Häute der Tiere wurden von den Gerbern mittels der aus Eichenrinde gewonnenen Lohe unter ständigem Wässern zu Leder verarbeitet. Das Trocknen der gegerbten Häute erfolgte auf den Lohspeichern, die als mächtige Gebäude Jahrhunderte das Stadtbild prägten. Die St. Goarer Lederwaren wurden mit Schiffen und später mit der Bahn vertrieben und hatten einen hervorragenden Ruf.
Hier siedelte sich um 1780 die Familie Napp mit ihrer Gerberei an, wobei sie große Teile des kurz zuvor aufgelösten alten Kirchhofs bebaute. Der hier durch die Stadt fließende Wocherbach trägt seither auch den Namen Lohbach, da er mit seinem Wasser die Napp‘sche Lohgerberei versorgte. Direkt an der Oberstraße stand das repräsentative Wohnhaus der Familie, das heute noch erhaltene Haus Napp. Mit der Entdeckung synthetischer Gerbstoffe und der Einführung der Chromgerbung verlor die St. Goarer Lederindustrie an Bedeutung, in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stellten die letzten Firmen ihren Betrieb ein.